Alexandr Tarasow
Die Skinhead-Bewegung in Russland und soziale,
wirtschaftliche und kulturelle Gründe ihres Aufschwungs
Skinheads sind eine der jüngsten jugendlichen Subkulturen in Russland: sie sind (als eine vollwertige Subkultur) noch nicht mal 10 Jahre alt. Gleichzeitig ist es die am meisten dynamisch sich entwickelnde und in der Zahl schnell wachsende jugendliche Subkultur im Land.
In Russland sind die Skinheads Anfang der 1990er Jahre erschienen. 1992 hatte es in Moskau cirka ein Dutzend Skinheads gegeben. Sie benahmen sich leise, pflegten hauptsächlich ihre Selbstbewunderung und waren im Zentrum der Stadt präsent. Diese allerersten Skins hatten nur sorgfältig die westlichen Vorbilder nachgeahmt. Von den westlichen Skinheads hatten sie in den sowjetischen Massenmedien in der Epoche der „Perestrojka“ erfahren: es war gerade 1989 — 1991 in Mode gekommen, über die englischen, deutschen und etwas später auch über die tschechischen Skinheads zu berichten.
So ging es bis 1994. Anfang 1994 sind die Skinheads plötzlich — innerhalb von wenigen Wochen — wenn auch nicht zu einer Massen-, dann doch zu einer zahlreichen und bemerkbaren Erscheinung geworden. Äußerlich hatte es mit dem Staatsstreich im September-Oktober 1993 zu tun, als Jelzin die geltende Verfassung außer Kraft gesetzt, das Parlament aufgelöst hatte und danach das Parlament aus Panzern beschoss. So hatte eine ganze Generation russischer Jugendlicher Anschauungsunterricht in Gewalt als entscheidendes Argument in der politischen Diskussion bekommen. Studenten der humanitären Fakultäten von unterschiedlichen Moskauer Universitäten haben bezeugt, dass gerade diejenigen von ihren Mitschülern oder Klassenkameraden bald Skinheads wurden, die am 4. Oktober 1993 in der Menge der Schaulustigen waren, die mit einem pathologischen Genuss aus kurzer Entfernung den Feuerüberfall der Panzer auf das Parlament beobachtet hatten. Auf das Anwachsen der Zahl der Moskauer Skinheads hatte übrigens nicht so sehr der Feuerüberfall auf das Parlament Einfluss, als die darauffolgende „Periode des Ausnahmezustands“ in Moskau, wo der Polizeiterror in den Straßen herrschte, der schnell einen eindeutig rassistischen (formell — den antikaukasischen) Charakter annahm.
Jelzin und seine Anhänger haben aktiv die rassistische und nationalistische Rhetorik bereits vor dem Feuerüberfall auf das Parlament im Laufe der politischen Krise im September-Oktober 1993 genutzt. Zum Beispiel, wurde der Sprecher des Parlaments, Herr Ruslan Chasbulatow ständig seiner tschetschenischen Herkunft beschuldigt.
Unmittelbar am 4. Oktober hatten die Handlungen der Armee und der Sondereinheiten der Polizei (OMON) manchmal unverhohlen rassistischen Charakter angenommen. So wurde der Abgeordnete des Parlaments Herr Oleg Rumjanzew, einer der Führer der russischen Sozialdemokraten, und derjenigen, die die russische Verfassung mit ausgearbeitet hatte, auf der Straße von den Soldaten der präsidentenhörigen Landetruppen festgenommen und brutal verprügelt (ihm wurde, im Einzelnen, der Kiefer gebrochen und die Nieren verletzt). Dabei schrie der Offizier der Landetruppen, unter dessen Leitung die Verprügelung stattfand, fröhlich, „Aha, da haben wir ja eine jüdische Fratze!“. Zwei Studenten aus Libanon — Chanusch Fadi und Salib Assaf — wurden am 4. Oktober nur deswegen erschossen, weil sie ein scharf ausgeprägte „nicht arisches“ Äußeres hatten.
Während der Zeit des „Ausnahmezustandes“ hatte der Bürgermeister Herr Lushkow eine echte ethnische Säuberung in Moskau organisiert. Keinerlei Art von Rechtsordnung war in Moskau während der Zeit des „Ausnahmezustandes“ vorhanden, die Verfassungsgarantien wurden nicht eingehalten, Verletzungen der Menschenrechte (ungesetzliche außergerichtliche Durchsuchungen, Verhaftungen, Plünderung, Verprügelung und Folter seitens der Polizei und der Sondereinheiten, der OMON) trugen Massencharakter. Tausende Menschen — vorzugsweise mit einem nicht slawischen Äußeren — wurden verhaftet, verprügelt, ausgeraubt und aus Moskau deportiert. Sie wurden alle zusammen in die Kategorie „Personen der kaukasischen Nationalität“ eingestuft. Die Sondereinheiten der Polizei (OMON) und die Polizei selbst haben mit Genuss die Verkaufsstände und Buden ausgeraubt, die den „Personen der kaukasischen Nationalität“ gehörten, auf den Moskauer Märkten kam es zu richtigen Progromen, in deren Verlauf den „Kaukasiern“ Geld, Schmuck und Waren weggenommen wurden, dabei wurden sie unbarmherzig verprügelt. Unter den Betroffenen befanden sich neben den Gebürtigen aus dem Kaukasus auch Zugewanderte vom Balkan, aus Mittelasien, Bürger Indiens, Pakistans, Irans, als auch Juden und Araber. Aus Anlass der Verhaftung, Verprügelung und Beraubung der Diplomaten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten hatte die Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate sogar Protest beim Auswärtigen Amt Russlands eingelegt. Ähnliche Proteste wurden auch von den Botschaften Armeniens, Georgiens und Aserbaidschans eingelegt.
Zahlreiche Beschwerden gegen die Willkür wurden nicht einmal geprüft. Den Betroffenen, deren einzige „Straftat“ rassische Unterscheidungsmerkmale waren, wurde das Recht auf Verteidigung ihrer Interessen bei Gericht entzogen.
Einen noch weit stärkeren Einfluss auf das Wachstum der Zahl der Skinheads hatte der Krieg in Tschetschenien und die ihn begleitende, auf Regierungsebene (besonders in Moskau) durchgeführte Großmacht-, Pro-Reichs- und nationalistische Propaganda-Kampagne (man denke nur an die von den Militärangehörigen hergestellten antitschetschenischen Plakate, kopiert aus der antisemitischen Zeit „des Kampfes mit dem Kosmopolitismus“ Stalins und sehr ähnlich den antisemitischen Karikaturen aus der Zeitung von Streicher „Der Stürmer“).
So haben die Moskauer Jugendlichen einen Anschauungsunterricht in Rassismus erteilt bekommen, wobei ihnen von der Macht gezeigt wurde, dass es in Russland, trotz der offiziellen Erklärungen, de facto keine Nationalitäten- oder Rassengleichheit gibt, und dass Gewalt gegenüber den Leuten mit „nicht slawischem“ Äußeren nicht strafbar ist. In der Tat sind zum Nachahmungsobjekt für die Moskauer Skinheads die Sondereinheiten der Polizei (OMON) und die Polizei selbst geworden, d.h. die Strukturen, die formell über Gerechtigkeit und Rechtsgleichheit der Bürger wachen müssten.
Natürlich haben nicht nur die politischen Ereignisse Einfluss auf den Aufschwung der Skinhead-Bewegung gehabt. Zwei Faktoren schufen die Basis für ein schnelles Wachstum und die Bestätigung der Skinheads in der Jugendszene in Russland: Die Wirtschaftskrise und der Zerfall des Ausbildungssystems.
Der katastrophale wirtschaftliche Abfall seit 1991 hat Millionen von Menschen in Russland arbeitslos gemacht. Noch eine größere Zahl der Menschen galt formell nicht als arbeitslos, war es aber in der Tat: die Betriebe waren entweder stehen geblieben, indem sie 1-2 Tage in der Woche oder 2-3 Monate im Jahr arbeiteten, oder die Lohnarbeiter konnten ein halbes oder ein ganzes Jahr lang ihren Lohn nicht bekommen. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, die gewohnt war, nicht reich aber ziemlich zufrieden zu leben (nach den westlichen Vorstellungen, auf der Ebene middle class und (öfters) lower middle class) wurde auf einmal bettelarm.
Das alles hatte nicht einmal eine besitzende, sondern eine psychologische Katastrophe hervorgerufen: während der jahrzehntelangen sowjetischen Erfahrung war die Bevölkerung an sichergestellte Vollbeschäftigung, die Unterstützung des Staates auf dem Gebiet der Bildung und des Gesundheitswesens, als auch im Bereich anderer sozialer Programme (zum Beispiel, an die subventionierten (oft symbolischen) Preise für die Hauptlebensmittel, Kinderwaren, Miete, Kommunaldienstleistungen, öffentliche Verkehrmittel etc.) gewöhnt. Nach dem Verlust der gewohnten Lebensweise hatte die Bevölkerung Russlands begonnen, schnell zu verwildern: Kriminalität, Alkoholismus, Drogenabhängigkeit haben das Land mit sich fortgerissen. Die Eltern, die mit dem Gedanken beschäftigt waren — wie können wir überleben — ihnen war nicht nach Kindererziehung. Familienskandale und Gewalt in der Familie wurden zur Norm. Die Flucht der Kinder von zu Hause wegen Hunger, Prügel und unerträglicher Lebensbedingungen wurden zu einer Massenerscheinung: heute gibt es in Russland mindestens 4 Millionen verwahrloste Kinder.
Parallel zum Zerfall der Wirtschaft lief der Prozess des Zerfalls des Ausbildungs- und Erziehungssystems. Einerseits, war er natürlich die Folge des wirtschaftlichen Zusammenbruchs: in der UdSSR war das gesamte Schulsystem staatlich und, wenn sich die Einkünfte des Staates in den letzten Jahren um das 8-10-fache reduziert hatten, musste sich das auch auf die Finanzierung der Schule auswirken. Im Ergebnis wurden 400-450 Schulen aus finanziellen Gründen jährlich im Lande geschlossen und dementsprechend wurde dem größten Teil der Schüler dieser Schulen die Möglichkeit entzogen, ihre Ausbildung fortzusetzen. Bereits 1997 waren in Sibirien nach den offiziellen Angaben der Wehrkommandos 7 bis 11% der Einberufenen des Lesens und Schreibens unkundig. Zum Jahr 2002 hat sich die Situation wesentlich verschlechtert. Wie viele Kinder jetzt im Schulalter die Schule nicht besuchen, ist nicht bekannt (die offiziellen Angaben sind geheim). Aber nach den Angaben der Abteilung zur Vorbeugung von Rechtsverletzungen unter den Minderjährigen des Innenministeriums Russlands, hatte jeder dritte Rechtsverletzer im Schulalter bereits im Frühjahr 1999 nicht einmal die Grundschule besucht!
Dass in Russland die Erziehung unter dem Vorwurf „des Kampfes mit dem Totalitarismus“ verboten wurde, spielte allerdings eine viel wichtigere Rolle! Das Ausbildungsministerium hatte unter der Flagge „der Entideologisierung der Schule“ in ihren Unterlagen selbst das Wort „Erziehung“ verboten. Die Pädagogik wurde auf die Didaktik beschränkt. Am Anfang waren die Schullehrer glücklich: es wurde ihnen die Hälfte der Belastung bei gleichem Lohn abgenommen. Dabei sind wenige von ihnen darüber nachdenklich geworden, dass das, was passiert war, den Charakter der Absurdität trug, weil der größte Teil des Erziehungskomplexes in der Schule keine Beziehung, weder zur sowjetischen Macht, noch zur kommunistischen Ideologie hatte, sondern ein gewöhnlicher Bestandteil der traditionellen europäischen Zivilisation war, die in ihren Hauptkomponenten bei Aristoteles ihren Ursprung hatte.
Ein Ergebnis war die zweite psychologische Katastrophe: im Laufe der Jahrzehnte der Reformen ist in Russland eine neue Generation groß geworden — eine asoziale und anormale Generation. Für diese Generation ist ein vollständiger Bruch mit den Traditionen, gesellschaftlichen Werten und sozialen Einstellungen charakteristisch. Parallel zur Verwilderung der Eltern passierte die Verwilderung der Kinder. Aber wenn die Eltern während ihres Verwilderns doch versucht haben, irgendwelche Aufgaben des kollektiven überlebens zu lösen (zu mindestens, auf der Ebene der Familie), wurden „die Kinder der Reformen“, ohne die soziale Erfahrung der Erwachsenen zu haben, schnell zu einer Herde — zu einer Herde der biologischen Einzelwesen, die nur nominal irgendwie miteinander verbunden sind — der amoralischen, asozialen, anormalen und egozentrischen Wesen, die zur Kommunikation unfähig, in ihren Anforderungen primitiv, gierig, verbittert sind und nur schwachköpfiger werden.
Selbstverständlich wurde das durch ein katastrophales Anwachsen der Kinder- und Jugendkriminalität, der Drogenabhängigkeit, des Medikamentenmissbrauchs, Alkoholismus, Prostitution, Epidemie von Krankheiten, die über die Geschlechtsorgane übertragenen werden, begleitet. Die Lehrer, die sich gestern über die Abschaffung der Erziehung gefreut hatten, hatten sich an den Kopf gefasst — gerade die Lehrer wurden als erste mit dem neuen Verhalten dieser neuen Jugendlichen konfrontiert, die nicht lernen wollten, die die Lehrer mit unanständigen Schimpfwörtern überschütteten, und wenn letztere ihnen sehr überdrüssig wurden schlugen sie.
Die schüchternen Versuche der einfachen Lehrer, die Situation zu verändern, sind auf harte Gegenmaßnahmen des Bildungsministeriums gestoßen. Die Beamten des Ministeriums meinten, dass alles in Ordnung ist, und dass sich die Ereignisse in der richtigen Richtung entwickeln. Unter drei aufeinanderfolgenden Ministern — Tkatschenko, Kiniljow und Tichonow — hatte das Bildungsministerium den Kampf mit Erziehung geführt und die Schulreform im Leben verwirklicht, das als „die Reform von Asmolow — Tichonow“ bekannt ist. Die Reform sieht die Ausschließung des Staates aus der Sphäre der Finanzierung der Schule und die Finanzierung der Schulen aus den Mitteln der Munizipalitäten und Eltern vor. Da die Munizipalitäten nach den in Russland geltenden Gesetzen über keine eigenen Finanzierungsquellen verfügen, und die Bevölkerung, wie schon oben gesagt, katastrophal arm geworden ist, hat die „Reform von Asmolow — Tichonow“ die meisten Schulen (mit der Ausnahme derjenigen, wo Kinder reicher Eltern lernen, d.h. 5-7% der Schulen) zur Armut verurteilt, und den meisten Kindern die Möglichkeit entzogen, eine qualitative Ausbildung zu bekommen.
Die „Reform von Asmolow — Tichonow“ hat unvermeidlich dazu geführt, dass Russland ein Land der Analphabeten wurde. Und dadurch — ein Land der aggressiven Nationalisten (Fremdenfeindlichkeit), denn es ist schon lange bewiesen, dass Fremdenfeindlichkeit nur durch die Ausbildung und Erziehung zu bekämpfen ist.
Gleichzeitig mit der zur Katastrophe gewordenen „Ausbildungsreform“ wurde in Russland die Auflösung des in den sowjetischen Zeiten geschaffenen verzweigten Ausbildungs- und Erziehungssystems außerhalb der Schule — der „Kulturhäuser“, „Kulturpaläste“, „Pionierpaläste“ etc durchgeführt. Zu Sowjetzeiten hatte dieses System insgesamt bis zu einem Viertel der Kinder im Schulalter erfasst, unter den Kindern aller sozialen Schichten mehr oder weniger erfolgreich Talente entdeckt und sie in die Sphäre der Kunst, auf die professionelle Bühne, in die Wissenschaft entsprechend den erkannten Fähigkeiten weiterempfohlen. Es hat Dörfer und kleine Städte gegeben (vor allem in Sibirien und im Weiten Osten, weit von den „Zentren der Zivilisation“, wo im langen kalten Winter das Leben ziemlich langweilig ist), in denen so ein System der Erziehung und Ausbildung die meisten Kinder erfasst hat.
In den letzten 10 Jahren wurde aber dieses ganze System vernichtet. Die Gebäude der „Kulturpaläste“ wurden von den „neuen Russen“ gekauft und in Nacht-Klubs, Casinos, Restaurants umgebaut, ungeheuerlich teuer und zugänglich nur für einen unwesentlichen Teil der Bevölkerung. Tanz-, Chor-, Theater-, Flugmodellbau- und andere Zirkel für Kinder wurden auf die Straße gesetzt und sind untergegangen. Die Schüler sind sich außerhalb der Schule sich selbst überlassen und sind in ihrer Masse zur Beute der Unterwelt und Drogenmafia geworden. Es sind in einer riesigen Anzahl mikroskopische Jugendbanden entstanden, die oft zu Banden von Skinheads wurden — da jede solcher Banden gegen die „Fremden“ (wenn auch vom Nachbarhof) gerichtet war, und jeder Schwarze bewusst „ein Fremder“ war.
Skinheads in Russland sind ein Produkt von nicht nationalen, sondern sozialen Erschütterungen. Das wird besonders gut aus der Tatsache ersichtlich, dass die Banden der Skinheads gerade in den großen und am meisten entwickelten Städten entstanden sind — da, wo die Hauptreichtümer konzentriert sind und wo die in den letzten Jahren in Russland entstandene soziale Schichtung am meisten bemerkbar ist. Jugendliche aus armen Familien, schauen auf die plötzlich reich gewordenen Beamten und Kriminellen — „neue Russen“ — wurden neidisch auf sie und hassten sie. Sie hatten aber Angst, sie anzufassen (die „neuen Russen“ haben Leibwächter!), und haben ihren Hass auf ein mehr zugängliches Objekt — die „Fremden“ — gerichtet.
In den kleinen Arbeiterstädten, die üblicherweise um ein/zwei große Industriebetriebe gebaut wurden, und die im Zusammenhang mit der Ruinierung dieser Betriebe von der härtesten Krise erschüttert wurden, gab es und gibt es keine Skinheads, obwohl es natürlich Jugendbanden gibt.
In den letzten 10 Jahren wurde in Russland ein Prozess beobachtet, den man nicht anderes als Rehabilitierung des Faschismus bezeichnen kann. Und mit dieser Rehabilitierung haben sich die Macht und die neoliberalen Massenmedien beschäftigt.
In ihrem Kampf mit der kommunistischen Ideologie haben die Neoliberalen in den 90er Jahren merklich den Bogen nach links überspannt, indem sie überdrüssig die konservativen und ultrakonservativen Werte und entsprechende Denker anpriesen — die oft direkte Vorfahren des Faschismus waren, solche wie Iwan Iljin, Iwan Solonewitsch, Lew Tichomirow, Konstantin Pobedonoszew und Konstantin Leontjew.
Neoliberale Veröffentlichungen (zum Beispiel, die Zeitschrift „Neue Welt“) haben damit begonnen, den seit langem vergessenen Publizisten aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts, Michail Menschikow, anzupreisen, der von den Bolschewiken 1918 erschossen wurde. Die liberalen Verlage haben sich darauf gestürzt, die Bücher von Menschikow zu veröffentlichen, ihm die Bescheinigung des größten russischen Philosophen des 20. Jahrhunderts und des schuldlosen Opfers des Bolschewismus auszustellen. Obwohl Menschikow ein offener Pro-Faschist, Rassist und Antisemit gewesen ist, und von den Bolschewiken als Ideologe der „Schwarzen Hundertschaft“ erschossen wurde.
In der neoliberalen Presse wurde in den 90er Jahren die Kampagne der Rehabilitation Hitlers Mithelfers — General Wlasow — initiiert. Es hat sogar ein Versuch gegeben, Wlasow zum „Hauptnationalheld“ des Zweiten Weltkrieges zu machen (als „Kämpfer gegen den Totalitarismus“) — dem Beispiel von der Ukraine, Estland, Lettland und Litauen folgend, wo die lokalen Nationalisten zu Nationalhelden verkündet wurden, die in den Einheiten der SS gegen die Sowjetische Armee gekämpft hatten.
Den „sozialen Auftrag“ erfüllend, die sowjetische Ideologie zu bekämpfen, wurden die Themen des Kampfes gegen Faschismus und dementsprechend das Erlernen des Großen Vaterländischen Krieges (d.h. des Krieges an der Ostfront im Laufe des Zweiten Weltkrieges) in den Schulprogrammen und Lehrbüchern auf ein Minimum beschränkt. In vielen Lehrbüchern wurde der „revisionistische Gesichtspunkt“ propagiert, dementsprechend Hitler nur ein Opfer der Aggression Stalins war. In einem der am meisten verbreiteten Lehrbücher in der russischen Schule — im Lehrbuch von A. Kreder — gab (und gibt) es den Gedanken, dass die Faschismus-Niederlage eine schädliche Erscheinung durch die Sowjetische Armee war, da sie zur Errichtung von pro-sowjetischen Regimes in Osteuropa geführt hat. überhaupt, da der Schule die Aufgabe gestellt wurde, nicht die Geschichte zu lehren, sondern die antikommunistische Propaganda zu führen, ergab sich, dass alle Gegner von Stalin und Kommunisten in der Geschichte Recht hatten, darunter Hitler und die Faschisten. Da die Lehrbücher eine der Hauptquellen der Information für Schüler sind, und die Denkweisen der Jugendlichen — „Schwarz-weiß“, ohne Nuancen sind, ist ein Teil der Jugendlichen zu dem Schluss gekommen, dass „Hitler besser als Stalin war“, und dass „Hitler Recht hatte“.
In den 90-er Jahren wurde in Russland antifaschistische Propaganda auf ein geringes Maß beschränkt. Die Memoiren der NS-Führer und ihre Biographien wurden in Massenauflagen veröffentlicht, sogar auf den Straßenständen wurden und werden „Mein Kampf“ von Hitler, „Der Mythus des 20. Jahrhunderts“ von Rosenberg und „Die Doktrin des Faschismus“ von Mussolini verkauft, gleichzeitig wurde aber die antifaschistische Literatur nicht veröffentlicht und herausgegeben — insbesondere deswegen, weil die Autoren-Antifaschisten zu den Linken gehörten, und über die linken Ideen der Kirchenbann verhängt wurde.
Die Bücher von Rezun (Suworow), die einen „revisionistischen Standpunkt“ zum Zweiten Weltkrieg propagierten, d.h. de facto Hitler weißwuschen, wurden und werden in Millionenauflagen herausgegeben. Nach den Angaben der Verlagskreise wird die Publikation der Bücher von Rezun von der Administration des Präsidenten Russlands finanziert.
In der Atmosphäre einer derartigen Duldung hat die Skinhead-Bewegung eine sehr bemerkenswerte Größe angenommen. Die Zahl von Skinheads erreicht heute in Russland 40 Tausend Menschen. In Moskau gibt es jetzt bis zu 5,5 Tausend Skinheads, in Petersburg — mehr als 3,5 Tausend, in Nizhnij Nowgorod mehr als 2 Tausend, in Rostow-na-Donu, Jaroslawl, Ekaterinburg, Pskow und Kaliningrad mehr als 100, in Woronesh, Samara, Saratow, Krasnodar, Krasnojarsk, Irkutsk, Omsk, Tomsk, Wladiwostok, Rjazan, Petrozawodsk, Wolgograd, Iwanow 100 bis 1000 Skinheads. Ich erinnere Sie daran, dass es 1992 in Moskau ein Dutzend Skinheads gegeben hat, und in Petersburg cirka fünf Personen.
Die meisten Skinheads sind Jugendliche zwischen 13 und 19 Jahren, Schüler, Auszubildende der produktionstechnischen Schulen, Fachschulen, Hochschulen oder Arbeitslose. Sie sind in kleinen Gruppen (3 — 10 Personen) vereinigt, eigentlich in kleinen Straßenbanden. Das durchschnittliche Alter ihrer Existenz — einige Jahre.
Es gibt aber auch größere und besser organisierte Strukturen. Als erstes sind in Moskau „Skinlegion“ und „Blood & Honor“ — „Russische Filiale“ (B&H) erschienen. In „Blood & Honor“ — „Russische Filiale“ und in der „Skinlegion“ sind 200-250 Personen vereinigt, es gibt eine bestimmte Disziplin, Hierarchie, Arbeitsaufteilung. 1998 ist eine zusätzliche dritte große Organisation „Vereinigung der Brigade-88“ dazugekommen, die durch die Fusion der Skingruppen „Weiße Bulldoggen“ und „Lefortowskij Front“ entstanden ist. Später ist die Gruppierung „Hammerskin Nation“ zusätzlich dazugekommen, die sich für die Abteilung einer Internationalen Skin-Organisation mit dem gleichen Namen hält. Es gibt in der Hauptstadt auch kleine, aber gut disziplinierte Skin-Gruppen (von 10-20 Personen).
In Petersburg sind cirka 200 Skinheads in der Organisation „Russische Faust“ und mehr als 80 Personen in der Organisation „Kolowrat“ vereinigt, in Nishnij Nowgorod sind mehr als 300 Personen in der Gruppierung „Nord“ vertreten, in Jaroslavl gibt es cirka 200 Skinheads in der Gruppe „White Bears“.
In Russland fühlen sich die Nazi-Skins selbstbewusst und von Strafe nicht bedroht. Die Polizei und die Staatsmacht sympathisieren offensichtlich mit ihnen. Nach den Angaben der Moskauer Vereinigung ausländischer Stundenten und der Vereinigung südkoreanischer Studenten in Russland, haben Polizei und Staatsanwaltschaft hunderte Mal den ausländischen Studenten — den Opfern von Skinhead-überfällen die Eröffnung von Ermittlungsverfahren verweigert. 1998 wurde einem Korrespondenten von „The Moscow Times“ vom Innenministerium und vom Föderalen Sicherheitsdienst erklärt, dass die Skinheads ungefährlich wären.
Staatsmacht und insbesondere die Presse haben längere Zeit versucht, den Terror von Skinheads überhaupt nicht zu bemerken. 1997-1999 haben die russischen Medien sich geweigert, über den Terror von Skinheads zu berichten, mit der Begründung, es gäbe keine „Gefahr der Skinheads“. So haben im Einzelnen die Redakteure der Zeitungen „Jahrhundert“, „Tribune“, „Business-Dienstag“, „Erster September“ ihre Handlungen erklärt. Erst nach dem internationalen Skandal im Frühjahr 1998, als Skinheads den schwarzen Wachmann der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika Wilhelm Jefferson und den Generalsekretär der Sozialistischen Partei Großbritanniens Pieter Tuff, der nach Moskau gekommen war, um Vorträge zu halten, verprügelt hatten, worüber in den internationalen Medien berichtet wurde — hat die englischsprachige Zeitung „The Moscow Times“ über den Terror von Skinheads geschrieben, und das Sujet wurde in einem (nicht führenden) der russischen Fernsehkanäle gezeigt. Aber selbst nach der Aufhebung des tatsächlichen Verbots, über das Thema in den russischen Medien zu berichten, hat die Zeitschrift „Oktober“ sich geweigert, auf ihren Seiten einen Artikel über Skinheads zu veröffentlichen, nachdem der Autor sich geweigert hatte, Skinheads als „Sturmabteilung“ der Kommunistischen Partei darzustellen, was selbstverständlich nicht der Wahrheit entsprochen hatte.
Die russischen Skins sind die Anhänger des Musikstils „Oj!“. Die meisten Musikskingruppen gibt es in Moskau: „Sturm“, „Russisches Ghetto“ (seit 1997 „Kolowrat“), „Weiße Bulldoggen“, „Radagast“, Division“, „Crack“ und andere. Die Punk-Oj!-Gruppe „Terror“ ist auch populär. Sie geben den Ton an in der russischen Musik-Skinkultur. Die Konkurrenz der Moskauer bilden nur zwei Gruppen aus Petersburg und Jaroslawl, die ursprünglich den gleichen Namen trugen — „Totenkopf“ (zu Ehren der SS-Division). 1996 hat der jaroslawische „Totenkopf“ begonnen, üblicherweise ihren Namen auf „TNF“ abzukürzen, und nach einiger Zeit wurde diese Abkürzung schon als „Terror National Front“ entziffert.
Russische Skins arbeiten eng mit ihren westlichen Gesinnungsgenossen zusammen. Mehrmals kamen nach Moskau und Petersburg die westlichen Skin-Oj!-Gruppen, aber auch einfache Delegationen von Skinheads aus den Vereinigten Staaten von Amerika, der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und Tschechien. Obwohl man in einer Reihe der Fälle nicht genau behaupten kann, ob es wirklich „reine“ Skinheads oder als solche getarnte Neonazis waren.
Es gibt die Skin-Presse: Zeitschriften „Ganz kahl“, „Der Weiße Widerstand“, „Der Schraubenzieher“, „Stop“, „Ich bin ein weißer“, „Streetfighter“. Halb zugehörig zu den Skinheads ist die ultrarechte konterkulturelle Zeitschrift „Spolochi“. Es gibt auf die Skins zugeschnittene Internetseiten, darunter „den russischen Spiegel“ der amerikanischen Seite der Skinheads „Sturmfront“.
Viele rechtsradikale und faschistische Parteien und Organisationen schauen auf die Skins wie auf ihre Reserve und „soziale Basis“. In Moskau gelten als „Pioniere“ der Arbeit mit Skins die Russische Nationalistische Sozialistische Partei (RNSP; bis 1998 — Russischer Nationaler Verein, RNV; der Führer — Konstantin Kasimowskij). Die Zeitung des RNV „Stürmer“ hat ständig die „Heldtaten“ der Skins angepriesen. Nach einigen Angaben wird die Skin-Veröffentlichung „Ganz kahl“ des RNV von der RNSP finanziert. Im RNV wurde ein spezielles „Departement“ zuständig für die Arbeit mit Skins geschaffen, es wurden Verantwortliche für diese „Richtung der Arbeit“ ernannt. Der Führer der „Skinlegion“, Guskow, hält systematisch Vorträge auf den Treffen des RNV — der RNSP. Die RNSP kontrolliert auch die Herausgabe einer unter Skinheads populären Zeitschrift „Der neuen Rechten“ — „Nation“.
Eine andere Organisation, die aktiv unter den Moskauer Skins arbeitet, ist die rechtsradikale Organisation „Nationale Front“ (der Führer — Ilja Lazarenko), die sich auch ab und zu „Kirche von Navi“ und ab und zu „Heilige Kirche der Einheitlichen Weißen Rasse“ nennt. In Petersburg arbeitet die Freiheitspartei mit den Skins zusammen (bis 2000 — die National-Republikanische Partei Russlands, NRPR, der Führer — Jurij Beljajew), in den Städten von Powolshje und in Krasnodar — die Russische nationale Einheit und „Russische Garde“.
In der letzten Zeit hat unter den Skinheads die NNP — Volks-Nationalistische Partei viele Erfolge erreicht (der Führer — Aleksandr Iwanow-Sucharewskij). Die NNP ist besonders aktiv geworden, nachdem der wegen Schüren nationaler Feindschaft im Februar 1999 verhaftete Iwanow-Sucharewskij in einer Zelle mit dem Führer der Skingruppe „Russisches Ziel“ Semjon Tolmakow gelandet war, der wegen des Verprügelns von W. Jefferson verhaftet wurde. Nach 9 Monaten Untersuchungshaft wurde Iwanow-Sucharewskij (auf Bitte einer Reihe Abgeordneter der Staatlichen Duma) gegen Unterschrift der Nichtausreise entlassen, und im April 2002 mit Strafaussetzung verurteilt — und fiel sofort unter Amnestie.
Iwanow-Sucharewskij ist der Erfinder der rechtsradikalen Ideologie — des „Russismus“. Der „Russismus“ schlägt eine Brücke vom russischen vorrevolutionären Orthodox-Monarchismus zum Nationalsozialismus: nach dem Kanon des Russismus hat es im 20. Jahrhundert „zwei große arische Helden“ — den russischen Zaren Nikolaj II und Adolf Hitler — gegeben, wobei Hitler der Rächer für den von den Bolschewiken und Juden zum Ritual-Opfer gebrachten Nikolaj II gewesen ist und versucht hat, das „Kreuz-Hakenkreuz in das von Juden unterdrückte Russland zu tragen“.
Nach der Haftentlassung trat Tokmanow zusammen mit der von ihm geführten Gruppe „Russisches Ziel“ in die NNP als „Jugendorganisation innerhalb der Partei“ ein. Seit dem redigiert er die dem „Russischen Ziel“ abgegebene letzte Spalte der Zeitung der NNP „Ich bin ein Russe“. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Zeitung „Ich bin ein Russe“ die am meisten im Nazi-Skin-Milieu gelesene Veröffentlichung.
Es ist interessant, dass die meisten Ultrarechten in Russland die Zusammenarbeit mit Skins erst danach begonnen hatten, nachdem sie von ihre westlichen Kollegen eine entsprechende Anweisung in diesem Zusammenhang bekommen hatten.
Seit 1997 waren die Vertreter der neonazistischen Gruppierungen aus den Vereinigten Staaten von Amerika, Deutschland, Tschechien und Österreich hergekommen, um „Erfahrungen der Arbeit mit den jugendlichen Skinheads auszutauschen. Im Einzelnen, kamen aus den USA die „Spezialisten für die Zusammenarbeit mit Skinheads“ aus dem Ku-Klucks-Klan und NSDAP/AO, aus Deutschland — „Spezialisten von der „Wikinger-Jugend“ (Organisation, die in der Bundesrepublik Deutschland verboten ist), dem Deutschen Volksverein, „Stahlhelm“ (auch verboten in der Bundesrepublik Deutschland), der National-Sozialistischen Partei, „Neue Freundschaft Treptow“, „Deutsch-Russische Gemeinschaft“ und anderer Gruppen. Nach gewissen Angaben haben sie einen Kanal zur Lieferung von Literatur, Ausrüstung (Tressen), Audiokassetten und „Uniformen“ für die russischen ultrarechten und Skins durch die ultrarechten und paramilitärischen Organisationen von Estland und Lettland — Kaitselit, „Omakatse“, Eis-Sarge in Gang gesetzt.
Bis zum Frühjahr 1998 haben die russischen Skins vereinzelt gehandelt. Aber im April-Mai 1998 wurde die in der Geschichte der russischen Skin-Gemeinschaft erste Kampagne der einheitlichen Handlungen durchgeführt. Im April 1998 haben die Skins an die Redaktionen der Moskauer Zeitungen Faxe verschickt, in denen mitgeteilt wurde, dass sie zum Jahrestag von Hitlers Geburtstag „jeden Tag einen Neger umbringen werden“. Die meisten Zeitungen haben auf diese Vorwarnung auf keine Art und Weise reagiert, und diejenigen, die etwas erwidert hatten — zum Beispiel die „Unabhängige Zeitung“ — haben das als etwas „nicht ernst zu nehmendes“ empfunden. Nach den Angaben der Vereinigung ausländischer Studenten hat es nur im Verhalten gegenüber den schwarzen Studenten im Laufe eines Monats nach dem 20. April durchschnittlich 4 Gewaltakte täglich gegeben. Ein Schwarzer wurde ermordet. Die Polizei hat sich geweigert, diesen Mord als Mord aus dem rassistischen Motiven anzuerkennen, Verprügelungen waren auch Frauen aus den Familien der pakistanischen Diplomaten ausgesetzt, eine schwangere Bürgerin Indiens, die als Ergebnis eine Fehlgeburt hatte, als auch, wie ich schon gesagt habe, der amerikanische Marineinfanterist Jefferson. Die Botschaften der Südlichen Afrikanischen Republiken, von Benin, Sudan, Indien und Nigeria haben im Zusammenhang mit dem rassistischen Terror die Protestnoten an das Auswärtige Amt Russlands geschickt.
Der einzige Verhaftete war Tokmakow, der Führer der Gruppe „Russisches Ziel“, der Jefferson verprügelt hat, und das nur deswegen, weil er dem Drehstab des Fernsehens ein Interview gegeben hat, der zum Tatort gekommen war. Im Interview hat Tokmakow über seine rassistischen Ansichten berichtet und betont, dass Neger „das übel“ wären. Obwohl die Polizei über diese Aufnahme verfügte, hat sie nach Tokmakow 2 Tage lang „gesucht“ und danach eine lange Zeit versucht, den rassistischen Charakter des Zwischenfalls zu negieren.
„Das Verfahren von Tokmakow“ hat zur Geschlossenheit und die weiterer Faschisierung der Skin-Gemeinschaft beigetragen. Die Skinheads hatten Meetings unter rassistischen Losungen vor der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in Moskau organisiert. Jefferson war gezwungen, Russland zu verlassen. Das Gerichtsverfahren gegen Tokmakow hat unvorstellbar lange gedauert — vom 9. September 1998 bis zum 27. September 1999 — und endete damit, dass Tokmakow unter Schutz direkt aus dem Gerichtssaal frei kam.
1998 haben die Skinheads begonnen, Waffen bei den überfällen einzusetzen. Im Frühjahr — Herbst 1998 hat eine Gruppe von Skinheads bewaffnete überfälle auf Gebürtige aus dem Kaukasus in Archangelsk vollzogen. 1999-2000 hat die Skingruppe „Berkut“ einige Morde in Moskau verübt. Im Oktober 2000 haben die Skins zweimal überfälle auf die Anarchisten und Umweltschützer in Moskau organisiert. 1998 haben die Skinheads aus der Gruppe „Himmelsarien“ die Synagoge im Moaksu im Bezirk von Marjina Rostscha gesprengt, und 1999 haben sie die Synagoge in der Stadt Odinzowo bei Moskau angezündet.
Unter den Bedingungen demonstrativ unterlassener Handlungen durch die staatlichen Stellen und des Schweigens der Presse waren die Skinheads im Jahr 2000 zu ernsthafteren organisierten Aktionen mit Massencharakter — den Pogromen — übergangen. Der erste Pogrom hatte am 21. Oktober 2000 in Moskau im Vietnamesischen Wohnheim in der Nähe der Metrostation „Sokol“ stattgefunden. Da die staatlichen Stellen und die Medien versucht hatten, dieses Ereignis zu verschweigen, hatte die Straflosigkeit die Skinheads zum nächsten Pogrom — dem Pogrom in der Armenischen Schule in Moskau am 15. März 2001 — inspiriert. Obwohl der Pogrom von der Polizei gestoppt wurde, wurde keine der Pogromanstifter verhaftet.
Das nächste Stadium war die Organisation des Pogroms auf dem Markt im Moskauer Bezirk Jasenewo am 21. April 2001. Da der Pogrom einen bis dahin unerhörten Aufschwung nahm (an ihm hatten cirka 300 Skinheads teilgenommen, bis zu 50 offene Verkaufsstände und Buden wurden ausgeraubt, 10 Betroffenen wurden mit Wunden in die Krankenhäuser eingeliefert, und die Skinheads hatten letztendlich selbst ein Geplänkel mit der Polizei begonnen, in dessen Ergebnis 50 Personen verhaftet wurden). Es gelang nicht, den Zwischenfall zu verschweigen, die Materialien über den Pogrom wurden in allen Fernsehkanälen gezeigt, die Ereignisse wurden ausführlich in der Presse dargestellt. Im Endergebnis wurden 6 Teilnehmer des Pogroms vor Gericht gestellt, aber keiner von ihnen wurde bisher verurteilt.
Der nächste Pogrom hatte in Moskau am 31. Oktober 2001 stattgefunden. Er wurde auf dem Markt in Nähe der Metrostation „Zarizino“ begonnen, in einigen Metrostationen und in den Wagen der Metrozüge fortgesetzt und endete am Hotel „Sewastopol“, wo konzentriert Flüchtlinge aus Afghanistan wohnen. An dem Pogrom hatten mindesten 300 Skinheads teilgenommen, mehr als 80 Personen waren betroffen, 22 Personen wurden in die Krankenhäuser eingeliefert, 4 Personen (ein Moskauer Armenier, ein Bürger Indiens, Bürger von Tadschikistan und ein afghanischer Flüchtling) kamen ums Leben. Die Ereignisse hatten eine große gesellschaftliche Resonanz und wurden von allen Medien dargestellt.
Anklagen wegen des Pogroms in Zarizino wurden gegen zwei einfache Teilnehmer und Michail Wolkow, einen überzeugten Faschisten, erhoben, der Vermittler zwischen den Auftraggebern des Pogroms und den ausführenden Personen gewesen war. Auftraggeber, Organisatoren des Pogroms und fast alle ausführende Personen wurden durch Ermittlungsverfahren „nicht entlarvt“.
Die Pogrome von Jasenewo und Zarizino dienten als Beispiel zur Nachahmung. Am 16. Februar 2002 haben 150 bis 200 Skinheads ein Pogrom in Petersburg auf dem Prospekt Proswestschenija organisiert. Die Skins schrien rassistische Losungen, verprügelten die Passanten, demolierten die Verkaufsstände, die Werbeschilder, zerschlugen die Vitrinen und kippten Autos um. 27 Pogromanstifter wurden von der Polizei verhaftet. In der Nacht vom 12. zum 13. Mai 2002 hatten 40 Skins ein Pogrom in Moskau organisiert, auf der Straße Staryj Arbat: sie zerschlugen die Schaufensterscheiben und Kioske, kippten Stühle und Verkaufsstände um, verprügelten die Passanten. Die Polizei nahm 18 Personen fest. Die Festgenommenen ließ man bald wieder laufen, und die Polizei begann die Tatsache des Pogroms selbst zu negieren. Am 9. Juni 2002 hatten mehr als 20 Skins versucht, ein Pogrom am Vietnamesischen Wohnheim im Moskauer Bezirk Kapotnja zu organisieren. Sie zerschlugen die Fenster und Türen im Studentenheim, flüchteten jedoch nach Ankunft der Polizei. Anfänglich hatte die Polizei versprochen, alle Pogromanstifter zu fangen. Nach einem Tag jedoch wurde von ihnen die eigentliche Tatsache dieser Ereignisse negiert. Im April 2002 organisierten die Medien, entgegen der vorigen Taktik, eine Kampagne der Hysterie um die Nazi-Skins, zeitlich abgestimmt zum 20. April, dem Geburtstag Hitlers. Obwohl zu dieser Zeit kein extraordinärer Aufschwung der Aktivität von Nazi-Skins beobachtet werden konnte, hatten die Medien breit angelegt sowie mit Hysterie begonnen, die stattgefundenen Zwischenfälle zu beleuchten, unter Einbeziehung von Kommentaren der Mitarbeiter der Rechtschutzorgane, Experten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Tatsächlich wurde für die Nazi-Skins damit eine grandiose Werbung gemacht. Die PR-Agenturen hatten an die Medien die bereits im Voraus bezahlten Texte geliefert, die im Detail die Ideologie der Nazi-Skins darstellten, die Symbolik der Skinheads erklärten etc. Iwanow-Sucharewskij und Tokmanow hatten die Möglichkeit bekommen, im Fernsehen und auf den Seiten der größten Zeitungen detailliert ihre faschistischen, rassistischen, antisemitischen Ansichten darzulegen.
Mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit kann man vermuten, dass die ganze April-Kampagne in den Medien insgeheim von den Spezialdiensten und/oder dem Kreml organisiert wurde, die Spezialdienste und/oder Kreml hatten Regie geführt, damit das Gesetz zur Bekämpfung des Extremismus von der Staats-Duma abgesegnet wird.
Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es eine bestimmte Zahl von Daten darüber, dass die Nazi-Skins durch die Regierungskreise Russlands ermuntert werden, sich zu organisieren, und sie werden in ihrem Interesse genutzt. Schon früher hat es nicht wenige Hinweise darauf gegeben, dass die Nazi-Skins seitens der regionalen staatlichen Stellen geschützt werden (in Krasnodar und im Gebiet Stawropol, im Gebiet Pskow) und besonderes seitens der Rechtsschutzstrukturen (der Stadt Saratow, Woronech, Nishnij Nowgorod, Wolgograd, Samara). Genau im Jahr 2002 gelang es festzustellen, dass die Nazi-Skins aus der offensichtlich faschistischen NNP im Ausbildungszentrum der Sondereinheiten der Moskauer OMON trainiert und ausgerechnet von den OMON-Trainern geschult werden. Unter Berücksichtigung der Spezifik des Status der Moskauer OMON konnte derartiges Training ohne Erlaubnis der obersten Führung des Innenministeriums nicht durchgeführt werden. Den Journalisten und Forschern des Rechtsextremismus gelang es auch festzustellen, dass der Pogrom in Zarizino tatsächlich von der propräsidialen Organisation „Die Zusammengehenden“ in Auftrag gegeben und organisiert wurde. Später hat sich die Tatsache des gegenseitigen Durchdringens der „Zusammengehenden“ und der Nazi-Skins aus der Organisation „Vereinigte Brigaden-88“ herausgestellt.
Die Informationen über die Kontakte der Administration des Präsidenten (die Kräfte, die hinter den „Die Zusammengehenden“ stehen) zu den profaschistischen Kreisen gelangten bereits Anfang des Jahres 2002 in die Presse. Die Nazi-Skins aus den Kreisen, die Anhänger der „Korporation des schweren Rocks“ sind, welche für die ultrarechten Ansichten ihres Rockmusikanten Sergej Troizkij „Spinne“ bekannt ist, hatten sogar an den Aktionen zur Unterstützung des Chefs der Administration des Präsidenten, Alexandr Woloschin teilgenommen.
Unter den vorhandenen Bedingungen, wo der Kampf gegen die Nazi-Skins in Russland einen künstlichen Charakter hat, die antifaschistische Tätigkeit nicht belohnt wird und die staatlichen Stellen dazu geneigt sind, die Nazi-Skin-Bewegungen zu ihren eigenen politischen Zielen zu nutzen und für diese Bewegung Werbung machen, ist logischer Weise zu vermuten, dass die Subkultur der Skinheads in Russland in der nächsten Zeit zahlenmäßig wachsen und sich festigen wird, indem alles gleichzeitig noch mehr faschistisch wird.
16 Oktober 2002 –11 Februar 2004